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Bild: Z-Wave

Es muss nicht gleich eine Kernsanierung sein. Mit Funktechnik und ein paar ­Einbauten im Verteilerkasten werden bestehende ­ Gebäude smart – ohne Schlitze zu schlagen oder kostspielige Umbaumaßnahmen.

Rund die Hälfte aller Wohnimmobilien in Deutschland stammt aus der Zeit zwischen 1950 und 1990. Haussteuerung war damals noch kein Thema. Trotzdem müssen Eigentümer und Mieter auf ein Smarthome nicht verzichten. Viele Systeme lassen sich nachrüsten, ohne die Wand aufzustemmen oder neue Leitungen zu verlegen. Sie nutzen vorhandene Unterputzdosen und Rollladenantriebe. Die wichtigsten Lösungen sind in der Übersichtstabelle auf Seite 60 und 61 zusammengefasst. Sie haben eines gemeinsam: Der Eingriff in die Bausubstanz ist minimal. Statt Busleitungen in den Wänden übertragen Funksignale oder bestehende Elektrokabel das Steuersignal. Gegenüber einer klassischen Gebäudeautomatisierung mit KNX spart das schnell ein paar Tausend Euro allein bei der Installation. Dafür hält sich der Funktionsumfang mitunter in Grenzen.

Das Licht schalten und Dimmen geht immer. Auch steuerbare Steckdosen, die Beschattung und Heizungsregelung gehören zum Standardrepertoire. Wer Rauch­melder integrieren, den Energieverbrauch messen oder seine Räume mit Kameras überwachen will, der muss aber schon genauer hinsehen. Nicht alle Nachrüstlösungen bieten diese Möglichkeiten. Das hängt mit ihrer Herkunft zusammen. Produkte von Elektroanbietern wie Busch-Jaeger, ­Gira, Hager und Jung setzen andere Schwerpunkte als Mess- und Regelexperten (Afriso) oder die Beschattungsspezialisten Rademacher und Somfy. Dazwischen agieren Smarthome-Unternehmen wie Fibaro, Loxone und Wibutler, die sich zum Ziel gesetzt haben, möglichst viele Aufgaben im Haus zu automatisieren.

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Funkzentralen wie das Gateway von Afriso sind schnell installiert – und erlauben sogar Sprachsteuerung mit dem Amazon Echo.

Das richtige System finden

In manchen Fällen drängt sich die Entscheidung für ein System geradezu auf. Dann etwa, wenn Produkte eines Herstellers bereits vorhanden sind und der Fachbetrieb die Situation vor Ort kennt. So können Motorjalousien von Rademacher, Becker Antriebe oder Somfy weitere Installationen mit Smarthome-Systemen von eben diesen Herstellern sinnvoll machen. Die Steuerungs- und Automatisierungssysteme dieser Hersteller sind ohnehin stark auf das Thema Beschattung und Rollosteuerung fokussiert, können aber auch alle anderen wesentlichen Smarthome-Bereiche abdecken. 

Wer mit seinem Elektriker gute Erfahrungen gemacht hat und etwa zunächst einmal die Lichtinstallation „smart“ machen möchte, der beauftragt dagegen eher ihn mit der Nachrüstung – und landet dann häufig bei Systemen von Ausstattern für Elektroinstallation – etwa eNet von Jung und Gira, der Hager Coviva Smartbox auf Basis des KNX RF Quickconnect Standards oder Busch free@home von Busch-Jaeger.

Anders sieht es aus, wenn die Nachrüstung in System und Fachbetrieb „bei Null“ startet und der Auftraggeber freie Auswahl unter den Systemen hat. In jedem Fall sollte der Monteur sich auskennen. Kein Handwerker kann mit allen Smarthome-Lösungen auf dem Markt vertraut sein. Deshalb spezialisieren sich die Unternehmen auf bestimmte Produkte.


Selber machen spart Geld

Die meisten Nachrüstlösungen sind nicht nur in der Anschaffung günstiger als ein unter Putz ­gelegtes Hausbussystem. Sie sparen auch später im Betrieb noch Geld – weil der Nutzer viele Dinge selber machen kann, für die er bei einem Bussystem den Systemadministrator braucht. Das geht beim Fibaro Home Center 2 oder dem Popp Hub so weit, dass die Funkzentralen frei im Handel erhältlich sind. Wer den Aufwand nicht scheut, kann sie online bestellen und in Eigenregie installieren. Dank des internationalen Z-Wave-Standards arbeiten sie mit Sensoren und Reglern zahlloser Anbieter zusammen. Die Konfiguration findet ohne teure Software im Browser am PC statt.

Die Einrichtung kann indes teilweise recht knifflig sein, weshalb es Systemhäuser gibt, die ihren Kunden diese Arbeit abnehmen. Die Bewohner bekommen dann ein schlüsselfertiges Smarthome, das sie später selbst ihren Bedürfnissen anpassen können. Ähnlich verhält es sich bei Coqon. Die Basisversion der Funkzentrale kostet im Online-Shop des Herstellers oder bei otto.de knapp 400 Euro. Sie steuert Komponenten, die keine Elekroinstallation verlangen also etwa Funktaster, Heizkörperthermostate oder Rauchmelder.

Für alle anderen ist eine „Qbox Professional“ nötig. Die gibt es nur vom Fachbetrieb – mit Beratung und Installationsservice. Wer nach einem Selbstversuch mit der Qbox Basic feststellt, dass ihm der Funktionsumfang nicht reicht, kann auch nachtäglich noch auf die Pro-Version upgraden. Das Gros der Smarthome-Nachrüster setzt von Anfang an auf das Fachhandwerk. Sei es, weil die Basisinstallation aus stromführenden Teilen besteht. So werden bei Gira, Jung und Hager vorhandene Unterputzschalter und Steckdosen gegen neue, funkende Exemplare ausgetauscht.

DIZ - das intelligente Zuhause; Shooting November 2016
Smarthome-Systeme zum Nachrüsten sind idealfür Bestandsbauten. Sie kommen ohne Steuerleitungen in den Wänden aus. Das spart Kosten und Schmutz beim Einbau. Bild: DIZ – das intelligente Zuhause;

Digitalstrom setzt zusätzliche Lüsterklemmen in die Dosen. Es kann aber auch sein, dass der Anbieter die Kontrolle behalten will. Nur wenn ­alle Komponenten getestet und aufeinander abgestimmt sind, kann er eine umfassende Funktionsgarantie geben – und dem Installateur die Suche nach Problemlösungen im Internet ersparen. Auch das unterscheidet Profi-Produkte von Do-it-yourself-Lösungen aus dem Baumarkt oder Online-Shop.

Das muss aber nicht heißen, dass die Bewohner immer einen Fachmann brauchen. Erweiterungen wie zusätzliche Funktaster oder Zwischenstecker können sie in vielen Fällen selbst vornehmen. Auch zur Installation von sogenannten IP-Produkten, die über den Router angeschlossen werden, muss nicht jedes Mal der Handwerker anreisen. So lässt sich ein Hue-System von Philips, der Amazon Echo für die Sprachsteuerung oder eine Wetterstation von Netatmo häufig selbst integrieren. Systeme wie Busch free@home, eNet Smart Home oder ­Loxone Air warten mit einer Benutzer­verwaltung auf. Sie erteilt den Bewohnern individuelle Rechte. Damit können Kinder zum Beispiel das Smarthome bedienen und neue Lichtszenen anlegen. Tiefere Eingriffe in die Programmierung bleiben den Eltern vorbehalten. Ob diese einen Vollzugriff mit Administratorrechten bekommen, hängt vom System und von der Vereinbarung mit dem Installateur ab. Oft geht es dabei auch um Haftungsfragen: Was passiert, wenn durch fehlerhafte Konfiguration ein Schaden entsteht?

Machen lassen spart Zeit

Wer keinen Spaß an smarter Technik hat, überlässt die Programmierung ohnehin besser einem Experten. Einfache Wenn-dann-Regeln sind schnell erstellt: Bei einer Bewegung im Flur soll das Licht angehen. Kommen mehrere Geräte und Bedingungen ins Spiel, wird die Sache aber kompliziert. Dann gilt es womöglich zu verhindern, dass automatisch schließende Rollläden die Familie auf der Terrasse aussperren. Oder dass Bewegungsmelder den nächtlichen Toilettengang für einen Einbruch halten. Möglichkeiten, das Haus zu automatisieren, bieten Nachrüstsysteme zur Genüge. Einige wachsen sogar über sich hinaus. So können Kunden von Busch-Jaeger, Hager oder Loxone mit dem Funksystem beginnen, bei einer späteren Renovierung aber immer noch auf die leistungsfähigere Bus-Variante umsteigen.

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